Das Rätsel der Menschwerdung. Die Entstehung des Menschen im Wechselspiel mit der Natur

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Daten zum Buch
Deutscher Titel: Das Rätsel der Menschwerdung. Die Entstehung des Menschen im Wechselspiel mit der Natur
Autor(en): Josef H. Reichholf
Herausgeber:
Erscheinungsort: München
Verlag: dtv
Serie:
Erscheinungsjahr: 1997
Seitenanzahl: 291 Seiten
Originaltitel: -
Originalsprache: deutsch
ISBN-10: 3423330066
ISBN-13/

EAN-Code:

978-3423330060
Schlagwörter: Menschwerdung, Biologie, Anthropologie
Sachgebiete: Biologie, Anthropologie
Rezensionen

Das Sachbuch von Josef H. Reichholf möchte die großen evolutionären Züge der Menschwerdung beschreiben und damit einen Einblick in die biologischen und natürlichen Grundladen der Menschheit ermöglichen. Dabei holt Reichholf teils sehr weit auch in die Tierwelt aus, um die Grundlagen der Menschwerdung darzustellen.

Zunächst stellt Reichholf den "Stammbaum" der Menschwerdung dar, wobei er betont, dass die Metapher eines Baumes hier eigentlich genau nicht angebracht ist, sondern eher ein "Auffächern" mehrerer Anläufe. (31) Denn Vorfahren des heutigen Menschen waren Australopeticus ab ca. vor 5 Mio. Jahren, Homo habilis und Home erectus ab ca. vor 1 Mio. Jahre, als Seitenlinie der Neandertaler ab ca. vor 200 000 Jahren und schlußendlich der Homo sapiens ab ca. vor 150 000 Jahren. Wichtig ist Reichholf dabei auch zu betonen, dass die Affen nicht unsere direkten Vorfahren sind, wie immer wieder oft behauptet wird, sondern selbst nur Nebenlinien eines früher einmal einheitlichen Ausgangspunktes, der aber nicht bekannt ist. (28)

Reichholf beschreibt zudem, wie diese Menschen immer wieder ihren Ausgangspunkt Ostafrika (heutiges Äthiopien) verlassen haben, dann aber immer wieder durch geänderte Lebensbedingungen auf ihren Enstehungsort in Afrika zurückgeworfen seien. Erst der heutige Mensch habe sich weltweit ausgedehnt.

Reichholf fragt sich dann, was eigentlich den Menschen ausmacht. Er kommt auf folgende Merkmale: Der aufrechte Gang, die Nacktheit, die Sprache, die Beherrschung des Feuers und die schnellen Beine. Reichholf glaubt, dass der Mensch aus dem Wald in die Savanne zog, weil er dort durch seinen aufrechten Gang einen guten Überblick erhalten konnte, um Nahrung zu finden. (134) Denn der frühe Mensch nutzte als Nahrung sowohl kohlehydrahthaltige Nahrung in Form von Pflanzen als auch phosphatreiches Fleisch, das wiederum seinem Gehirnwachstum zu Gute kam. Und an Fleisch kam der Urmensch laut Reichholf in der Savanne relativ einfach: Durch seinen aufrechten Gang hatte er einen guten Überblick und konnte etwa Geier erblicken, die sich an totem Großtier zu schaffen machten und durch seine Nackheit konnte der ausdauernd laufende Mensch realtiv schnell zu dieser Beute gelangen, da er die Anstrengung schnell transpirieren konnte. (145) Anderes Großtier mag zwar wie der Löwe viel schneller als der Mensch sein, aber der Mensch kann länger und ausdauernder laufen, seine Hände ermöglichten es ihm zudem, das so gefundene Aas schnell beiseite zu schaffen. Besonders interessant ist, dass Reichholf den wirklichen Puntk der eigentlichen Menschwerdung erst mit dem Erhalt der Sprachfähigkeit festlegt, die erst vor 150 000 Jahren stattgefunden hat. (163) Denn weder die Frühmenschen wie der Homo erectus konnten sprechen noch der teilweise zeitgleich lebende Neandertaler!

Reichholf geht auch sehr intensiv der Frage nach, warum der Mensch denn seine "paradiesische Heimat" Ostafrika verließ, in der Milch und Honig floss und Friede mit den Tieren herrschte, wie es in der Bibel beschrieben steht. Reichholf glaubt, dass die Wechselbäder der Eiszeit den Menschen nicht nur von den Wäldern in die Savanne trieb (86ff), sondern ihn auch dazu zwangen Jäger und Aasfresser zu werden. Der Neandertaler ist nach Reichholf ein reiner Jäger gewesen und fand vornehmlich in immer weiter nördlichen Gebieten Jagdgebiete; hinzu kam, dass die Savannen auch durch die Tsetse-Fliege und die durch sie verursachte Schlafkrankheit für den Menschen unattraktiver wurden. Einen ähnlichen Grund sieht Reichholf für die subtropischen Gebiete gegeben, die durch die Mosquitos und die durch sie verursachte Malaria bedroht gewesen sei, weshalb sich der Neandertaler, der zudem die Kontrolle des Feuers erlernt hatte, schließlich bis nach Mitteleuropa vorwagte (245). Seine Entwicklung fand mit dem Ende der letzten großen Eiszeit schließlich ein jähes Ende und der kometenhafte Auftieg des zweigleisig sich ernährenden modernen Menschen begann.

Würdigung

Josef H. Reichholf ist ein extrem spannendes Buch über die Entstehung des Menschen geglückt, ohne an den gefährlichen Enden gestrandet zu sein, da die realen oder vermeintlichen "natürlichen Grundlagen" des Menschen schon Anlass für so manche Ideologie gaben; das ist glücklicherweise bei Josef H. Reichholf nicht zu finden. An einigen Stellen wäre jedoch der Hinweis auf divergierende Theorien hilfreich gewesen.

Denis Diderot 21:42, 18. Mär 2009 (CET)