Wozu noch Zeitungen

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Daten zum Buch
Deutscher Titel: Wozu noch Zeitungen? Wie das Internet die Presse revolutioniert
Autor(en):
Herausgeber: Stephan A. Weichert, Leif Kramp, Hans-Jürgen Jakobs
Erscheinungsort: Göttingen
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Serie:
Erscheinungsjahr: 2007
Seitenanzahl: 224 Seiten
Originaltitel: -
Originalsprache: Deutsch
ISBN-10: 3451287153
ISBN-13/

EAN-Code:

978-3451287152
Schlagwörter: Medien, Journalismus, Berliner Republik
Sachgebiete: Sachbuch
Rezensionen

Die drei Herausgeber Stephan A. Weichert, Leif Kramp und Hans-Jürgen Jakobs gehen in diesem Interview-Sammelband der Frage nach, wie die Zukunft des Pressewesens angesichts der Umwälzungen aussehen könnte, die das Internet hervorruft. Dazu haben die Herausgeber insgesamt 24 Interviews mit zum Teil renommierten Vertretern aus Presse und Internet geführt und die Ergebnisse in einer Einleitung zusammengefasst. Denn die Presselandschaft ist angesicht zunehmender Konkurrenz durch den sogenannten Bürgerjournalismus (etwa durch Blogs) und durch die sogenannte Werbekrise, d.h. der Zurückhaltung von Werbekunden, Werbung im Internet zu buchen, in eine ernstzunehmende Krise geraten, wie sich an Portalen wie Newspaperdeathwatch, die das Sterben von Zeitungen in den USA dokumentieren, ablesen lässt. Längst gibt es Stimmen wie des Geschäftsführers von Microsoft Steve Ballmer, die der Printausgabe von Zeitungen keine 10 Jahre mehr geben.



Acht Probleme und zugleich Chancen haben die Herausgeber aus den Interviews herauskristallisiert:

  1. Das Verschwinden des Trägermediums Papier; so gibt etwa David Rubin, ehemals Dekan an der Newhouse School of Public Communications der University of Syracuse dem Papier als Träger von Zeitungen nur noch 20 Jahre. Doch alle Interviewten glauben, dass Simulationen von Papier oder E-Paper-Reader das Verschwinden des Papier ersetzen können.
  2. Der vollständige Schritt ins Internet wird vor allem für mittelständische Presseunternehmen zu einem großen Problem, ist aber unabwendig für die Unternehmen, um wirtschaftlich zu überleben. Jay Rosen, Professor für Journalistik an der University of New York, glaubt, dass Presseunternehmen "viele Dinge tun werden und nur gelegentlich Papier bedrucken" werden, es kommt nach Ansicht Tyler Brûlés, einem kanadischen Journalisten, zu einer medialen Konvergenz von Fernsehen, Radio, Zeitung und Internet, für die nur wenige Unternehmen überhaupt aufgestellt sein werden.
  3. Ein großes Problem sehen viele der Interviewten auch in der Besitzstruktur von Medienunternehmen. Ein Börsengang oder Finanzinvestoren würden die Unabhängigkeit des Journalismus gefährden, einen Ausweg sehen viele in Familienunternehmen oder im Stiftungswesen. So ist etwa der britische Guardian oder die französische Le Monde in der Hand von Stiftungen.
  4. Die Printzeitungen sehen viele der Interviewten als zunehmend marginalisiertes Medium an, es ist zu langsam und wird zunehmend zu einem Begleitmedium degradiert. Todd Gitlin, ein amerikanischer Soziologe, sieht jedoch eine große Chance für die Sonntagszeitung, die sich verstärkt auf längere Hintergrundberichte spezialisiert. Die Sonntagszeitung sollte man so als "Genussmittel" (41) betrachten.
  5. Viele der Interviewten sehen im sogenannten Bürgerjournalismus über Blogs durchaus eine "Krise der journalistischen Seele", da nun jeder Leser zu einem potentiellen Autor werden kann. Dennoch glauben viele der Interviewten an die Notwendigkeit von professionellen Journalisten, da, so Paul E. Steiger, es nun einmal Themen gebe, die nur Journalisten mit einer starken Organisation im Rücken herausfinden könnten. Außerdem sehen einige ausgebildete Journalisten mit einem entsprechenden beruflichen Pressekodex als vertrauensvoller als Blogger an.
  6. Um die wirtschaftliche Misere der Presseunternehmen zu überwinden, sehen einige Intervietwn auch Chancen darin, mit Web-Communities oder mit den öffentlich-rechtlichen Medien zusammenzuarbeiten. (53)
  7. Staatliche Finanzierung von Medienunternehmen lehnen jedoch praktisch alle Interviewten ab, erfolgversprechender finden es viele der Interviewten, so etwa auch Paul E. Steiger dagegen, auf Stiftungen zu setzen oder Spenden einzutreiben. (59)
  8. Einig sind sich die Intervieten darin, dass die Gefahren aus Leistungsdruck und medialer Konvergenz auch darin besteht, die Qualität des Journalismus zu verlieren. Daher sollen sich Zeitungen auf ihre qualitativen Stärken konzentrieren.

Bewertung: Der Sammelband versammelt durchweg sehr interessante Meinungen zu dem Thema; einen Ausweg aus dem Dilemma der Finanzierung von Meinungen und Nachrichten im Internetzeitalter zeigt aber niemand wirklich auf, vielleicht, weil es einen solchen Ausweg auch gar nicht gibt. Vermutlich werden Meinungen und Nachrichten zu einem immer geringen Teil die wirtschaftliche Grundlage von Unternehmen bilden.

Das Buch an sich ist allerdings schlecht bis gar nicht lektoriert, es finden sich ungewöhnlich viele Rechtschreibfehler in den Texten. Bücher sollten, wenn Sie auf Qualität achten wollen, diesen Aspekt nicht zu sehr missachten.

Admin 19:20, 20. Mär 2010 (CET)