Total berechenbar
Daten zum Buch | |
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Deutscher Titel: | Total berechenbar? Wenn Algorithmen für uns entscheiden |
Autor(en): | Christoph Drösser |
Herausgeber: | |
Erscheinungsort: | Berlin |
Verlag: | Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG |
Serie: | |
Erscheinungsjahr: | 2016 |
Seitenanzahl: | 256 Seiten |
Originaltitel: | - |
Originalsprache: | deutsch |
ISBN-10: | 3446446990 |
ISBN-13/
EAN-Code: |
978-3446446991 |
Schlagwörter: | Computergeschichte, Big-Data |
Sachgebiete: | Computergeschichte |
Rezensionen | |
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Christoph Drösser beschreibt in seinem Sachbuch Total berechenbar? Wenn Algorithmen für uns entscheiden in leicht verständlicher Sprache, sehr wirkmächtige Algorithmen, so wie sie im Internet vielfach im Einsatz sind und unser tägliches Leben zunehmend beherrschen.
Drösser zeigt dabei zunächst auf, dass wir häufig nur rasante exponentielle Entwicklung von Computerhardware im Blick haben, dass aber die Entwicklung auf dem Gebiet der Softwarealgorithmen für die Geschwindigkeit mindestens genauso bedeutet ist. So führt Drösser aus, dass Computer zwischen 1985 und 2005 zwar 4.000 mal schneller geworden sind, manche Softwarealgorithmen aber in der gleichen Zeit 20.000 mal schneller geworden sind. (29) Drösser führt zur Verdeutlichung z.B. unterschiedliche Algorithmen für die Multiplikation auf, die jeweils komplett anders als unsere gebräuchlichen funktionieren. So haben die Japaner z.B. eine gänzlich andere Methode und man wundert sich, wie z.B. die sog. russische Bauermultiplakation zum richtigen Ergebnis kommen kann.
Den Erfolg bzw. den Einfluss von Algorithmen für unser tägliches Leben macht Grösser z.b. an dem Pagerank-Algorithmus von Google zur Bewertung von Relevanz, der den bibliothekarischen Ansatz von Yahoo (46) mittlerweile bei Weitem geschlagen hat, klar oder auch an Algorithmen zur Routenplanung, mit denen wir in Sekundenschnelle den besten Weg von A nach Z über C, D, E usw. finden können. Auch der Empfehlungs-Algorithmus etwa von Amazon, der die sozialen Empfehlungen der alten analogen Clique versucht zu reproduzieren (87), bekommt ausreichend Raum von Grösser. Seiner Meinung nach handelt sich dabei mittlerweile um ein sehr gut funktionierendes Instrumentarium zum "kollaborativen Filtern". (89) Der vielleicht einflussreichste Algorithmus, Facebooks Edge-Rank erhält auch ausreichenden Raum. Nach der Einführung des sogenannten Newsfeeds stand Facebook vor dem Problem, dass der Feed bei manchen Teilnehmern des Netzwerks einfach zu groß wurde, so dass ein Algorithmus eingeführt wurde, der nur noch das zeigen sollte, was den Teilnehmer wirklich interessiert. Der Algorithmus soll mittlerweile aus mehr als 100.000 Faktoren bestehen (108) und steht in der Kritik, die sogenannte Filterblase zu erzeugen, also nur noch das den Teilnehmern des Netzwerks zur Kenntnis zu bringen, an was sie eh schon glauben und was sie eh schon interessiert. (109) Auch Journalisten verlieren durch Facebooks Edge-Rank zunehmend an Bedeutung. (115)
Darüber hinaus beschreibt Drösser auch den Einzug von Algorithmen in die Politik, etwa beim Wahlkampf Obamas 2012 (135), in dem die Wähler individuell angesprochen worden sind oder auch die Möglichkeiten, die ein einfacher Algorithmus in der Finanzwelt hat. Drösser zeigt dies etwa an der Aktie von Siemens, die zwischen 2005 und 2015 "nur" um 40% gestiegen ist. Hätte man die Aktie aber auf Grundlage eines einfachen gleitenden Durchschnittsalgorithmus in dieser zeit 680 ge- und verkauft, hätte man einen Gewinn von über 2.000% erwirtschaftet. (142) Dies ist laut Grösser auch der Grund, warum die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie heute nur noch 5 Tage beträgt, während sie vor 50 jahren noch 8 jahre betrug. (140)
Auch auf die weitreichenden Algorithmen zur Verschlüsselung (RSA), zur Komprimierung (MP3) sowie zur Partnervermittlung geht Drösser in jeweils eigenen Kapiteln ein. Zwar muss zwischen Menschen zwar nach wie vor die "Chemie" stimmen, aber laut Drösser tendieren Menschen dazu, eher das Eigene im Partner zu suchen als das Andere, wozu Matching-Algorithmen eben sehr gut geeignet sind. Auch auf die neueren neuralen, selbstlernenden Netze geht Drösser in einem Kapitel ein, die weiterhin grosses Potential zur Veränderung bieten.
Man erkennt leicht an den Aufzählungen Drössers, wie sehr uns und unser Leben schon heute die Algorithmen beeinflusst haben. Nach Drösser ist hier sogar eine eigene Kulturtechnik entstanden. (214). Dabei ist laut Drösser aber sehr wichtig zu verstehen, dass auch Algorithmen nicht objektiv sind. Sie wurden von Menschen erstellt und verfolgen ein bestimmtes Ziel. Von daher ist es nach Ansicht des Autors sehr gefährlich, Algorithmen den politischen Diskurs ersetzen zu lassen, weil Algorithmen diskriminieren und zensieren können. (220)
Bewertung
Dem Autor Christoph Drösser ist für sein Buch sehr zu danken. Die Inhalte werden sehr leicht verständlich erklärt und zeigen so einem breiten Publikum auf, wie wirkmächtig und einflussreich Algorithmen mittlerweile geworden sind. Sie haben zum Teil erheblichen Einfluss auf unser Leben, beim Suchen und Finden von Informationen, der Vermittlung von Partnern oder von Aufmerksamkeit und man kann mit ihnen sehr schnell sehr reich werden, wenn man sie einsetzen und benutzen kann. Der Einfluss dieser Algorithmen ist so groß geworden, dass wir uns als Gesellschaft fragen müssen, ob diese Algorithmen wirklich in der Hand von Privatunternehmen verbleiben dürfen oder nicht doch zumindest ein Recht der Gesellschaft auf Transparenz gegenüber diesen Algorithmen besteht.