Dinge geregelt kriegen - ohne einen Funken Selbstdisziplin
Daten zum Buch | |
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Deutscher Titel: | Dinge geregelt kriegen - ohne einen Funken Selbstdisziplin |
Autor(en): | Kathrin Passig, Sascha Lobo |
Herausgeber: | |
Erscheinungsort: | München |
Verlag: | rororo |
Serie: | |
Erscheinungsjahr: | 2010 |
Seitenanzahl: | 288 Seiten |
Originaltitel: | - |
Originalsprache: | deutsch |
ISBN-10: | 3499624249 |
ISBN-13/
EAN-Code: |
978-3499624247 |
Schlagwörter: | Prokrastination, Selbstorganisation |
Sachgebiete: | Sachbuch |
Rezensionen | |
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Kathrin Passig und Sascha Lobo behandeln in ihrem teilweise selbstironischen Sachbuch das Phänomen der Prokrastination und einen möglichen Umgang damit. Unter Prokastination verstehen die beiden Autoren dabei das Phänomen, Dinge einfach liegen zu lassen, obwohl die von der Prokrastination betroffene Person durch das Liegenlassen und Nichtangehen von Problemen zum Teil ernsthafte Konsequenzen zu befürchten hat. Die Autoren stellen dabei einige klassische Theorien dar, wie es zu diesem Phänomen kommt, bieten aber auch einen eigenen Erklärungsansatz. Letztendlich predigen Sie mehr Gelassenheit beim Umgang mit den komplexen und vielfältigen Aufgaben, vor die der moderne Mensch sich gestellt und durch die er sich überfordert sieht.
Die klassischen Erklärungsansätze, die ein Prokrastinier zu hören bekommt, reichen von Dummheit, schlechter Angewohnheit, depressiven Verstimmungen, Perfektionismus bis hin zu einer Aufmerksamkeitsstörung. Demgegenüber stellen die beiden Autoren jedoch einen positiven Aspekt des Prokrastinierens heraus, nämlich den, dass Prokrastinierer die täglichen Aufgaben ihrer Welt mit einem Minimum an Aufwand erledigt bekommen. Ein solches Verhalten sehen Passig und Lobo dabei auch in der Tierwelt wirken, weil es dort als Überlebensstrategie gilt, sein Überleben mit einem Minimum an Aufwand zu sichern. Mit anderen Worten: Prokrastinierer sparen Energie und Zeit, können sich mit dem Wesentlichen auseinandersetzen und haben so vielleicht ein längeres und gesünderes Leben. (24)
Insgesamt enthält das Buch auch ein grundsätzliches Lob des Müßiggangs, es weiß davon zu berichten, dass Bauersfrauen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts trotz fehlender Elektrizität weniger Arbeit hatten als heutige Hausfrauen, es also eine Art "Dialektik des Fortschritts" (34) gebe und meint mit Graham Robb, dass es im Mittelalter einen 6-Stunden-Arbeitstag gegeben habe oder vielleicht im Winter sogar etwas ähnliches wie einen Winterschlaf. (58) Der heutige Arbeitsdrill stamme nicht zuletzt aus eben jener protestantischen Ethik, die Max Weber in seinem berühmten soziologischen Werk beschrieben hatte. (60)
Nichtsdestotrotz kennen die beiden Autoren auch die negativen Begleitumstände eines prokrastinierenden Lebens sehr gut, nicht zuletzt aus eigener Anschauung. So beschreibt Sascha Lobo eindrucksvoll, wie er immer wieder behördliche Briefe einfach liegenlässt, bis z.B. sein Auto abgeschleppt wird und verschrottet werden soll. Es dann wieder zu bekommen ist, sei dann sehr viel mehr Aufwand als es rechtzeitig wieder abzuholen. Insofern liegt es beim geneigten Leser, hier den richtigen Weg selbst zu finden. Auf jeden Fall, so die Autoren, würden viele klassische Ratgeber zur Selbstorganisation eine Erziehung des Menschen versuchen, für die viele Menschen gar nicht geeignet seien.
Bewertung
Das Buch ist teilweise arrogant und überheblich geschrieben. Viele Menschen können sich das Prokrastinieren um den Preis des Unterganges schlicht nicht erlauben. Dennoch ist das Buch vielleicht gerade dadurch sehr unterhaltsam und weist tatsächlich eine Art "Dialektik des Fortschritts" in unserer modernen Welt nach. Dinge mit einer gewissen Ruhe und Distanz anzugehen, sich zu fragen, warum gerade jetzt dieses und jenes Problem angegangen werden muss und nicht vielleicht doch das, was gerade am meisten Spaß macht, kann in der Tat hilfreich sein. Aktionismus und Maximierung der eigenen Wirkung sind am Ende ineffizienter als man denkt.
Denis Diderot 13:10, 30. Okt 2010 (CEST)