Lügendetektor

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Daten zum Buch
Deutscher Titel: Lügendetektor
Autor(en): Saul Kussiel Padover
Herausgeber:
Erscheinungsort: Frankfurt am Main
Verlag: Eichborn
Serie: Die andere Bibliothek
Erscheinungsjahr: 1999
Seitenanzahl: 334 Seiten
Originaltitel: Experiment in Germany
Originalsprache: english
ISBN-10: 3-8218-4478-7
ISBN-13/

EAN-Code:

Schlagwörter:
Sachgebiete:
Rezensionen
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Der Psychologe Padover war 1944/45 als amerikanischer Offizier der Abteilung für Psychologische Kriegsführung in Deutschland unterwegs. Er folgte den kämpfenden US-Frontsoldaten auf dem Fuße, letztlich bis Torgau, wo amerikanische und sowjetische Truppen zusammentrafen. Die Abteilung für Psychologische Kriegsführung hatte den Auftrag, die Stimmung, die Gedankenwelten, die Absichten und Überzeugungen der »einfachen Leute« herauszufinden - schließlich kämpften die Alliierten auch »gegen eine Ideologie«(S.9). Die Psychologen führten Gespräche mit der »normalen« Bevölkerung: Handwerker, Lehrerinnen, Arbeiter, Beamte, Anwälte...

Padover beginnt seinen Weg in Luxemburg, um dann über die Eifel bei Aachen (mit den Ortschaften Monschau, Roetgen, Rott, Kornelimünster, auch Düren) weiterzukommen nach Mönchengladbach, Düsseldorf, Köln und das Ruhrgebiet. Seine Gespräche erstaunen ihn: Nirgendwo trifft er bekennende Nationalsozialisten. Parteimitglieder waren nur »widerwillig« solche geworden, man hatte das Regime »erduldet« und nur »zwangsweise mitgemacht«, eigentlich waren alle »gegen Hitler« gewesen. Neben diesen Behauptungen entdeckt Padover aber tiefsitzende Überzeugungen aus dem Baukasten der Nazis: »Der Russe« ist »furchtbar« und »böse«, »die Juden« sind »gierig« und »gefährlich«, »Versailles« war eine »Schande« usw. Bekennende »Demokraten« beschweren sich gegenüber dem Amerikaner, dass man »die Nazis« nicht zwinge, »Abzeichen« zu tragen und in »Arbeitsbataillonen« die zerstörten Städte wieder aufzubauen - ein Umgang mit dem Gegner, wie er in Deutschland ja gang und gäbe gewesen war.

Weiterhin stellt Padover eine weit verbreitete »Trägheit« fest, soll heißen: Änderungsmaßnahmen, Wiederaufbau, Neuorganisation - all das wird dringend gewünscht, aber in die Hand nehmen sollen es andere: Arbeiter wehren sich gegen Bauarbeiten, weil »die Reichen« ja auch nichts tun; reichere Bürger möchten »die alten Nazis« verpflichtet sehen; alle gemeinsam hoffen auf die Tatkraft »der Amerikaner«.

Ein paar Mal gelangt Padover an hochrangige Parteimitglieder, aber selbst die sind »gegen Hitler«, und zwar genau genommen schon immer gewesen. Padovers Erkenntnisse könnte man so zusammenfassen: Nationalsozialisten waren die anderen. Nur wenige Gespräche weichen von diesem Muster ab (und daran hat sich auch später wenig geändert: siehe »Opa war kein Nazi«).

In den USA erschien dieser sehr anschaulich und flüssig geschriebene Bericht 1946, unmittelbar nach Kriegsende. Übersetzt wurde er mit ganz erstaunlicher Geschwindigkeit: Der Eichborn-Verlag veröffentlichte die deutsche Erstausgabe 1999, also schon 53 Jahre später.