Untergrundkrieg
Daten zum Buch | |
---|---|
Deutscher Titel: | Untergrundkrieg |
Autor(en): | Haruki Murakami |
Herausgeber: | |
Erscheinungsort: | Köln |
Verlag: | DuMont |
Serie: | |
Erscheinungsjahr: | 2002 |
Seitenanzahl: | 400 Seiten |
Originaltitel: | Teil 1: Andaguraundo / Teil 2: Yakusoku sareta basho de |
Originalsprache: | japanisch |
ISBN-10: | 3832156976 |
ISBN-13/
EAN-Code: | |
Schlagwörter: | |
Sachgebiete: | |
Rezensionen | |
|
Am 20.März 1995 ritzten Mitglieder der Aum-Shinrikyo-Sekte in vier Waggons der Tokioter U-Bahn Plastikbeutel an, die das Nervengas Sarin enthielten. Über 5000 Menschen meldeten sich mit Beschwerden in Krankenhäusern, etwa 1000 Menschen erlitten Verletzungen, 12 starben.
Murakami missfiel, dass die japanischen Medien zwar lang und breit über die Sekte, ihre Mitglieder und ihre Weltanschauung berichteten, aber kaum über die Opfer. Nach nicht ganz einfacher Suche fand er insgesamt 60 Menschen, die bereit waren, ihm von ihren Erlebnissen dieses Tages zu erzählen: Krankenschwestern, Ärzte, Bahnmitarbeiter, vor allem Fahrgäste und Angehörige. Mit Untergrundkrieg veröffentlicht Murakami 34 der Interviews, stellt die Lebenswege und -umstände der jeweiligen Personen kurz vor, überlässt aber hauptsächlich ihnen das Wort. Es sind eindrückliche Schilderungen des Anschlags aus verschiedensten Perspektiven: Angst und Hilflosigkeit stehen gleichwertig neben Zuversicht und Entschlossenheit, Verwirrung und Flucht neben Tatkraft und Hilfsbereitschaft. Manche leiden noch immer unter den Folgen, andere verkrafteten das Geschehen fast mühelos.
Im zweiten Teil kommen acht (ehemalige) Mitglieder von Aum Shinrikyo zu Wort, deren Interviews Murakami nicht ganz so unkommentiert wiedergibt. Er hakt nach und widerspricht, was den Erkenntniswert der Gespräche aber stets erhöht. Murakami geht es nicht um Bloßstellung oder gar Verteufelung; er möchte "Zeugnisse lebendiger Menschen vorlegen" und "die grundlegenden Gedankengänge (seiner) Gesprächspartner verstehen"(S.274f), und zwar im Sinne von nachvollziehen. Denn dass er die Gedankengänge keineswegs akzeptiert, daran lässt er keinen Zweifel.
Insgesamt erhält der Leser ein vielschichtiges Bild des Anschlags. Im Gegensatz zu Katastrophenfilmen trägt das Buch sicher dazu bei, dass wir uns wirklichkeitsnah "vorstellen (können), wie es ist, im morgendlichen Gedränge eines U-Bahn-Wagens ohne jede Vorwarnung einem Nervengift ausgesetzt zu sein, und welche Auswirkungen ein solches Erlebnis auf das weitere Leben und Bewusstsein der Betroffenen haben kann."(S.271)